Ende Februar erhielt ich eine Anfrage, ob ich für ein paar Auftritte bei der Coverband "Outdoor Connection" als Bassmann aushelfen könne und wolle,
Geld gäbe es nicht, aber dafür fänden die Auftritte in Afghanistan im Rahmen einer Truppenbetreuung für die Armee statt!
Nach kurzer Überlegung nahm erstaunlicherweise die Abenteuerlust Oberhand über mein wirtschaftliches Kalkül!? ;-)
Abflug ab Köln/Bonn, militärischer Teil!, am Donnerstag morgen.
Drei Stunden mussten wir früher da sein, man kennt das, eine hätte es auch getan...
Dann mit dem Shuttlebus zum Flieger, ein Airbus A-310, der "Kanzler-Jet", mit dem auch Angela und diverse Minister hin
und wieder durch und um die Welt jetten!
Es waren kaum Leute an Bord, so dass wir die Business-Class besetzen konnten, jeder eine ganze Reihe für sich, sehr komfortabel :-)
Dann etwas über 6 Stunden Flug in 10 km Höhe mit knapp 1000 km/h nach Termez in Usbekistan, das ist der "Vorposten" zu Afghanistan.
Dort schon SEHR angenehm milde Temperaturen von ca. 20° ABENDS!
Nicht zu sehen, aber hier unten wirklich vorhanden: Das Kaspische Meer!
In Termez wie auch später immer ein sehr herzlicher Empfang von den Offizieren und Feldwebeln, die auch untereinander sehr locker
miteinander umgehen, kein Vergleich zu dem "Komiss", den ich vor ähm... fast 40 Jahren erleben durfte :-)
Aber im Ausland (und letztendlich Krisengebieten) ist wohl auch vieles wieder ganz anders als in der heimischen Kaserne.
Die Standortleitung hatte uns gefragt, ob wir nicht noch schnell ein kleines Konzert geben wollten.
Gesagt, getan, ein kleines Programm gespielt, hat allen soweit sehr gut gefallen, das war sozusagen die Generalprobe für Mazar-e Sharif.
Danach ein paar Bierchen, dann ab ins Hotel und am nächsten Morgen früh ab nach Mazar-e Sharif in Afghanistan, ins Camp Marmal.
Dort leben und arbeiten fast 8000 Soldaten, ca. 3500 davon Deutsche.
Der Flug ging mit einer Militärmaschine "Transall", also hinten durch die riesige Heckklappe an der Ladung vorbei auf sehr
spartanische Feld-Sitze. Das "hatte schon was", und nach ca. 30 Minuten waren wir auch schon da.
Dort Sonne satt und fast 30°, YEAH!
Eine ECHTE Wohltat nach fast drei Monaten Dauerfrost in Germany ;-)
Aber nur bis zum ersten Auftritt am Samstag, danach 2 kühle Tage mit ca. 14°, dann wieder langsam sonniger und später auch wärmer,
teilweise ideales "Strandwetter", Sand war genug vorhanden, nur an Meer mangelte es heftig, kühl und sonnig, ich war froh über meine Strickmütze! 8-)
Den Rest des Tages Einweisung und mehr oder weniger zur freien Verfügung.
Unterbringung in 4-Mann Stuben/Containern mit jeweils 2 Doppelstockbetten.
Leider konnten und durften wir das Camp nicht verlassen, wir sollten eigentlich noch einen Tag nach Kunduz für ein weiteres Konzert
fliegen, aber das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht.
Aber wir haben ein paar Führungen durch das Camp gemacht, geheime deutsche (sic!) und amerikanische Drohnen beguckt,
einen 35 Mio. teuren Kampfhubschrauber besichtigt und sind im Panzer (mit)gefahren. Alles in allem sehr kurzweilig.
Insgesamt haben wir dann drei Konzerte in Mazar-e Sharif gespielt, zwei für alle Soldaten, die das ATRIUM besuchten,
eine Begegnungsstätte in der ungefähren Mitte des Camps.
Gewöhnungsbedürftig:
Jeder Soldat trägt ständig eine Waffe, auch beim Essen! Die Amerikaner mit Gewehren und der Rest mit einer Pistole,das ist dort Pflicht!
Die Kantine war ausgezeichnet, zu jeder Tageszeit gab es warmes Essen, das wird aber wohl auch nötig sein bei den verschiedenen Dienstzeiten,
die dort gehalten werden.
Am Samstag Abend dann unser erstes Konzert im Camp, die Stimmung war ausgezeichnet, und es wurde sogar getanzt! :-)
Es war tagsüber eine Sandsturmwarnung ausgegeben worden und siehe da, wir mussten das letzte Lied auch wirklich 2 Takte früher abbrechen,
denn pünktlich um 22:00 Uhr ging es los! WOW! So etwas sieht man hier in good old Germany glückerlicherweise nie!
In der Mitte des Atriums konnte man Dust-Devils, also so eine Art Mini-Tornados herumrumtänzeln sehen, das war schon sehr aufregend und "exotisch"!
Dann hat schnell JEDER der anwesenden Soldaten mit angepackt und nach 5 Minunten stand die komplette PA inkl. FOH und Backline im Raum nebenan,
geschützt vor dem Sturm.
Leider ist bei der Blitzaktion die Mappe mit meinen Leadsheets verschwunden, vielleicht hat der Sandsturm sie fortgetragen?
Egal, mittlerweile hatte ich alle Songs auch schon "druff", man bereitet sich ja schliesslich gut vor auf so eine Reise, oder? ;-)
Fast drei Wochen später ist die Mappe übrigens wieder aufgetaucht!?
Ich habe gebeten, sie fachgerecht zu entsorgen, damit sie nicht dem "Feind" in die Hände fällt!
Das war ein Witz! :-D
Den Rest des Abends haben wir biertrinkend mit unseren zwei Verbindungs-Offizieren, einem Stabsfeldwebel (Verbindungs-Unteroffizier) und einem Ka-Leun
(Kapitänleutnant der Marine), das war der Verbindungsoffizier, sehr nett alle beide, und anderen anwesenden Soldaten verbracht.
Später auf dem Heimweg musste ich mir mein Sweatshirt über den Kopf ziehen und nur noch die Augen freilassen, der Sturm war immer noch
in vollem Gange bis zum frühen Morgen. Dann folgten zwei Tage kühleres Wetter, so um 14° und regnerisch.
Es sind ca. 8000 Soldaten im Camp stationiert, so gut wie ALLE Natostaaten waren da vertreten, auch viele Frauen dabei, schätze mindestens 20 %,
und eben viele Amerikaner.
Nach dem Konzert im Atrium hatten die uns angesprochen, ob wir nicht schnell auch dort noch ein kleines Konzert geben wollten, so "Lounge"-mäßig,
also leise und langsam :-)
Gesagt, getan, am Sonntag sind wir da hingefahren, ins USO Zelt mit zig Riesen LCD Monitoren überall, man konnte Videos gucken, XBox spielen,
Internet etc. eben halt ganz klischeehaft "Amerika mit viel TV"! :-D
Wir haben unseren Kram aufgebaut und ganz leise und langsam gespielt. Alle waren hellauf begeistert! OH-KAY!
Am Dienstag dann das letzte Konzert vor der Heimreise am Mittwoch.
Das Atrium war recht voll, es gibt dort auch einen Radiosender im Camp, wo wir natürlich Werbung für uns gemacht haben, was Wirkung gezeigt hat.
Es war leider recht kühl am Abend, aber die Stimmung wieder ausgezeichnet und es war sehr voll. Es wurde ein gutes und langes Konzert und alle waren
mehr als zufrieden, Mission erfüllt! :-)
Mittwoch morgen dann wieder mit der Transall nach Usbekistan, kurzer Aufenthalt inklusive Mittagessen dort, dann weiter mit einem Militär Airbus
(viel weniger bequem als der Hinflug und leider auch VOLL besetzt! :-) über Hannover, wo die eine Hälfte der Soldaten ausgestiegen ist, nach Köln/Bonn,
militärtischer Teil. Die Heimat (und leider immer noch die Kälte) hatte uns wieder.
Das war das Ende unserer abenteuerlichen Reise, es war anstrengend, aber auch sehr aufregend und auf jeden Fall ein einmaliges Erlebnis!
Ich danke Tim, Flo, Peter und allen, die freundlicherweise ihre Fotos zur Verfügung gestellt haben!
Rock & Roll!